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URTEILE, RECHTSTIPPS UND AKTUELLES AUS UNSERER KANZLEI

Sie interessieren sich für aktuelle Urteile der Rechtsprechung? Oder sind auf der Suche nach Rechtstipps zu einem der Rechtsgebiete, die unsere Kanzlei vertritt? In der folgenden Liste haben wir aktuelle Urteile und Rechtstipps für Sie zusammengestellt. Anhand der Vorsortierung können Sie gezielt juristische Urteile und Tipps zu jenen Bereichen aufrufen, die für Sie interessant sind.

Geltendmachung von Rückzahlungsansprüchen aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag ist seitens der Behörde durch Leistungsklage möglich

In einer aktuellen Berufungsentscheidung bezüglich der Rückforderung von Sanierungsfördermitteln im Bereich des Denkmalschutzes hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass es sich bei der Ausübung des vertraglichen Kündigungsrechts aus einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung um eine schlichte öffentlich-rechtliche Willenserklärung handelt. Soweit die Kündigungserklärung in rechtswidriger Form als Verwaltungsakt ausgesprochen wird, handelt es sich um einen formellen Verwaltungsakt. Der Widerspruch hiergegen entfaltet aufschiebende Wirkung. Unser Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Karlsruhe und Pforzheim Tobias Ibach stellt die Entscheidung vor.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gemeinde. Sie macht die Rückzahlung von Sanierungsfördermitteln geltend. Diese waren der Beklagten als Eigentümer eines Grundstücks ausgezahlt worden. Ziel dabei war es, ein denkmalgeschütztes Gebäude zu erhalten und bestehende Mängel zu beheben. Die Klägerin hatte aus Sanierungsfördermitteln einen Zuschuss zur Deckung der Kosten (Kostenerstattungsbetrag) i.H.v. 40 % der nachgewiesenen Kosten gewährt. In der Sanierungsvereinbarung war ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund, insbesondere bei Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten, vorgesehen.

Nach Stellung eines geänderten Bauantrages und Erteilung einer weiteren Baugenehmigung begann die Beklagte mit der Durchführung des Vorhabens. Im Rahmen einer Kontrolle stellte das Regierungspräsidium fest, dass unter anderem der historische Dachstuhl durch die Baumaßnahmen komplett zerstört worden war. Die Zerstörung der denkmalkonstituierenden Substanz habe dazu geführt, dass das Gebäude seine Eigenschaft als Kulturdenkmal verloren habe. Die Klägerin erließ daraufhin eine „Entscheidung“, erklärte die Kündigung des Vertrages und forderte die Rückzahlung der Fördermittel. Die Entscheidung war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

Die Beklagte legte hiergegen Widerspruch ein. Daraufhin erhob die Klägerin Klage auf Rückzahlung. In der ersten Instanz entschied das Verwaltungsgericht Sigmaringen (Urteil vom 29.11.2017, AZ: 2306/16), dass der Klägerin nur ein Teil der geltend gemachten Mittel zustehe. Die Klägerin habe selbst zu dem Kündigungsgrund beigetragen, weil sie mit der Erteilung der zweiten Baugenehmigung den Eindruck erweckt habe, die denkmalschutzrechtlichen Anforderungen seien erfüllt.

Die Klägerin wandte sich gegen diese Entscheidung und begründete die Berufung damit, dass die Beklagte zahlreiche weitere Pflichtverstöße begangen habe, welche jeweils selbstständig einen Kündigungsgrund darstellen würden, ohne dass ein Mitverschulden bestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Die erhobene allgemeine Leistungsklage sei zwar zulässig, da es sich bei dem Schreiben zur Rückforderung der Kosten nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 35 S. 1 LVwVfG handle. Dieses stelle nur eine gewöhnliche Zahlungsaufforderung und keine hoheitliche Regelung einer Zahlungspflicht dar. Die Klägerin habe ferner auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn eine Behörde könne Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag im Wege einer statthaften Leistungsklage gerichtlich geltend machen, wenn nicht ausnahmsweise eine gesetzliche Vorschrift die Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.1.1992, Az. 3 C33.86). Eine solche gesetzliche Bestimmung fehle im vorliegenden Fall.

Allerdings hält der Verwaltungsgerichtshof die Leistungsklage für unbegründet. Bisher liege keine wirksame Kündigung vor. Denn der eingelegte Widerspruch gegen die fehlerhaft in Form eines Verwaltungsaktes erklärte Kündigung besitze aufschiebende Wirkung. Die Klägerin habe den Rechtsschein eines Verwaltungsaktes gesetzt. Ein solcher formeller Verwaltungsakt könne, ungeachtet der fehlenden materiellen Verwaltungsaktqualität statthafter Weise im Wege des Widerspruchs und der Anfechtungsklage beanstandet werden. Der eingelegte Widerspruch entfaltet daher nach § 80 Abs. 1 VwGO mit der Konsequenz aufschiebende Wirkung, dass die Kündigungserklärung der Klägerin im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht direkt ihre den Vertrag beendende Gestaltungswirkung entfalte. Denn § 80 Abs. 1 VwGO finde auch auf die (nur) formellen Verwaltungsakt oder Schein-Verwaltungsakt Anwendung (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.10.2016, Az. 1 S1662/16).

Bei rechtlichen Fragestellungen auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts stehen Ihnen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach gerne jederzeit zur Verfügung. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!

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