Ihre Kanzlei in Karlsruhe | Pforzheim | Baden-Baden

URTEILE, RECHTSTIPPS UND AKTUELLES AUS UNSERER KANZLEI

Sie interessieren sich für aktuelle Urteile der Rechtsprechung? Oder sind auf der Suche nach Rechtstipps zu einem der Rechtsgebiete, die unsere Kanzlei vertritt? In der folgenden Liste haben wir aktuelle Urteile und Rechtstipps für Sie zusammengestellt. Anhand der Vorsortierung können Sie gezielt juristische Urteile und Tipps zu jenen Bereichen aufrufen, die für Sie interessant sind.

Beschluss des VGH Baden-Württemberg v. 25.05.2022 (AZ: 3 S 542/22) im öffentlichen Baurecht zur Konkretisierung der Privilegierung in § 35 Abs. 4 BGB

Nach einem aktuellen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg muss für eine Privilegierung nach § 35 Abs. 4 Nr. 6 BauGB die Erweiterung einen engen räumlichen Bezug zum vorhandenen Bestand des Betriebs aufweisen.

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen eine bauordnungsrechtliche Anordnung. Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde seitens des Landratsamtes aufgegeben, eine ungenehmigte Bewirtungsfläche mit Getränkeausschank zurückzubauen und das Grundstück in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Dem ging eine bauliche Veränderung auf dem Grundstück, welches sich im Außenbereich im Sinne von § 35 BauGB befindet, durch Errichtung einer Außenbewirtschaftungsfläche und eines Holzgebäudes für einen Getränkeausschank voraus. Letztlich handelte es sich hierbei um die Vergrößerung der vorhandenen Bewirtschaftungsfläche einer bereits von den Antragstellern betriebenen Gaststätte. Ein entsprechender Bauantrag wurde abgelehnt. Über den Widerspruch wurde noch nicht entschieden. Die Antragsteller erhoben auch gegen die bauordnungsrechtliche Rückbauanordnung Widerspruch und stellten beim Verwaltungsgericht Freiburg einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz. Das Verwaltungsgericht Freiburg lehnte diesen in erster Instanz mit Beschluss vom 8.2.2022 ab.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 25.5.2022 über die Beschwerde entscheiden. Die Beschwerde ist zulässig und begründet und hatte somit Erfolg. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg aus der ersten Instanz wurde geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt.

Zur Begründung führt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg aus:

Die Beeinträchtigung des öffentlichen Belangs der natürlichen Eigenart der Landschaft ist nicht gemäß § 35 Abs. 4 S. 1 Nr. 6 BauGB unerheblich. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.2.2011, AZ: 4 C 9.10) muss ein von dieser Norm begünstigtes Erweiterungsvorhaben nicht nur funktional, sondern auch räumlich eine Erweiterung des Betriebs darstellen. Die Norm regelt nämlich eine konkrete, standortbezogene Begünstigung. Der Grundsatz größtmöglicher Schonung des Außenbereichs gilt auch hier, sodass die begünstigte Erweiterung einen engen räumlichen Bezug zum vorhandenen Bestand des Betriebs aufweisen muss. Ein solcher Bezug liege im vorliegenden Fall nicht vor.

Der Erfolg der Beschwerde in zweiter Instanz resultiert allerdings daraus, dass ein öffentliches Interesse, welches die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen könnte, nicht gegeben ist. Das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände reicht hierfür regelmäßig nicht aus (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.3.2013, AZ: 8S 159/13). Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts müssen weitere, darüberhinausgehende und besondere Umstände vorliegen. Nur dann kann ausnahmsweise das öffentliche Interesse an der sofortigen, also schon vor Eintritt der Bestandskraft des Verwaltungsakts zulässigen, Vollziehung anzunehmen sein. Die Feststellung, ob solche Umstände vorliegen, nimmt das Gericht im Wege einer eigenen Abwägung vor. In dieser muss auch das durch Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG und Art. 67 Abs. 1 LV geschützte Interesse des Betroffenen an einem effektiven Rechtsschutz berücksichtigt werden (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.12.2021, AZ: 10S 3427/20).

Derartige Umstände konnte der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall nicht erkennen. Insbesondere folgen solche nicht alleine aus dem Umstand, dass sich die Antragsteller in Bezug auf die Beachtung bauordnungsrechtliche Vorschriften als nicht rechtstreu erwiesen haben. Aus diesem Grund hat der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederhergestellt.

Bei allen Anliegen und Fragestellungen im öffentlichen und privaten Baurecht stehen Ihnen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Gräber Onasch Ibach gerne jederzeit zur Verfügung- zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren!

Diesen Beitrag teilen

Ähnliche Beiträge

Beamtenrecht: Beschluss VGH Baden-Württemberg v. 08.03.2024 , Az. 4 S 1278/23 zum Anspruch auf Erstattung von Reisekosten von Beamten

Streitigkeiten zwischen Beamten und dem Dienstherrn über die Erstattung von angefallenen Reisekosten sind nicht selten. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat nun in einem Urteil eine hilfreiche Klarstellung getroffen. Unser Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Karlsruhe und Pforzheim Tobias Ibach erläutert die Entscheidung.
Unser Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Karlsruhe und Pforzheim Tobias Ibach über erläutert die Entscheidung.
Unser Fachanwalt für Verwaltungsrecht in Karlsruhe und Pforzheim Tobias Ibach über erläutert die Entscheidung.

Weiterlesen