Bisher regelte § 64 GmbHG die mögliche Ersatzpflicht von Geschäftsführern gegenüber der insolventen Gesellschaft bzw. deren Insolvenzverwalter für Zahlungen in der zeitlichen Nähe zu einem Insolvenzantrag. Alles was nach der Insolvenzreife aus dem Vermögen der GmbH abgeflossen ist, war durch die Geschäftsführung grundsätzlich zu ersetzen. Für andere Rechtsformen gab es entsprechende Parallelvorschiften. Nun wurden diese vollständig abgeschafft und durch den rechtsformneutralen neuen § 15 b InsO ersetzt. Dieser nimmt die bereits aus § 64 Satz 2 GmbHG bekannte Ausnahme für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind, auf. § 15 b Abs. 2 Satz 1 InsO nennt als konkretes Bespiel hierfür Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes dienen, soweit dies während des Zeitraumes, der für die Insolvenzantragspflicht nach § 15 a InsO gilt, geschieht.
Zum Umfang der Ersatzpflicht existiert hinsichtlich des § 64 GmbHG eine umfangreiche und ausdifferenzierte Rechtsprechung. Der Bundesgerichtshof hatte sich gegen eine Gesamtbetrachtung bzw. Differenzberechnung entschieden und allein auf die das vermögensmindernde Zahlung abgestellt. Hierzu regelt der neue § 15 b Abs. 4 Satz 2 InsO nunmehr: „Ist der Gläubigerschaft der juristischen Person ein geringerer Schaden entstanden, beschränkt sich die Ersatzpflicht auf den Ausgleich dieses Schadens.“
Nach § 15 b Abs. 4 Satz 3 InsO ist ein Vergleich oder Verzicht im Hinblick auf die Erstattung und Ersatzansprüche mit dem Geschäftsführer im Regelfall unwirksam. Gleichzeitig werden aber gesetzliche Ausnahmen hierzu statuiert.
Der Sonderfall der Verletzung von steuerrechtlichen Ersatzpflichten ist in § 15 b Abs. 8 InsO geregelt. Danach liegt keine Verletzung vor, wenn zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, sofern die Antragspflichtigen ihren Verpflichtungen nach § 15a InsO – also der Stellung eines Insolvenzantrages – nachkommen.
Mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) wird die bisherige Lücke zwischen der außergerichtlichen Sanierung und einem Insolvenzverfahren geschlossen. Sanierungsmaßnahmen können in Zukunft auch außerhalb einer Insolvenz gegen den Willen einzelner Gläubiger umgesetzt werden. So wird für Unternehmen in der Krise der Anreiz erhöht, frühzeitig Maßnahmen zur Überwindung der wirtschaftlichen Probleme zu ergreifen. Kern des Gesetzes ist der präventive Restrukturierungsrahmen bzw. der Restrukturierungsplan nach §§ 42 f. StaRUG. Die Gestaltung des Restrukturierungsplans kann vom Schuldner eigenverantwortlich und ohne Einbindung eines Gerichts gesteuert werden. Die Wirksamkeit des Plans erfordert nicht die Zustimmung aller Gläubiger. Eine Mehrheit von 75 % in jeder Gläubigergruppe reicht aus. Zugleich kann Gläubigern durch das Restrukturierungsgericht untersagt werden, Vollstreckungsmaßnahmen geltend zu machen. Diese Vollstreckungs- und Verwertungssperre stellt sicher, dass eine aussichtsreiche Sanierung nicht durch Zwangsmaßnahmen einzelner Gläubiger vereitelt werden kann.
Das kostengünstige StaRUG kann erhebliche Vorteile gegenüber einem Insolvenzverfahren bieten, insbesondere wenn ein Kapitalschnitt notwendig ist oder beispielsweise ein (Produkt-) Haftungsfall droht.
Insgesamt wurde damit ein neues, zusätzliches Instrument für Unternehmen in der Krise geschaffen. Die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach stehen Ihnen für weitere Beratung und Begleitung auf diesem wirtschaftsrechtlichen Feld gerne zur Verfügung.