Im Einzelnen:
Die Beklagte betreibt einen Handel mit Nähmaschinen und Zubehör und unterhält in Bremen eine Filiale. Dort ist die Klägerin seit Oktober 2019 auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung eingestellt. Sie verdient dort 432,00 € brutto und ist Verkäuferin.
Im April 2020 musste das Ladengeschäft des Arbeitgebers aufgrund einer Allgemeinverfügung der Freien Hansestadt Bremen vom 23.03.2020 schließen. Daher konnte die Klägerin nicht arbeiten und erhielt deswegen auch keine Vergütung. Mit ihrer Klage begehrte die Arbeitnehmerin nunmehr die Zahlung ihres Entgelts für die Zeit des Lockdowns, unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Sie argumentierte hierzu, dass die Schließung des Betriebs des Arbeitgebers aufgrund einer behördlichen Anordnung geschehen sei und hierfür allein der Arbeitgeber das Risiko trage und nicht sie. Das sah der Arbeitgeber anders und verwies darauf, dass die von der Freien Hansestadt Bremen zur Pandemiebekämpfung angeordneten Maßnahmen das allgemeine Lebensrisiko aller Menschen beträfe, dieses nicht beherrschbar sei und von allen gleichermaßen daher getragen werden müsse.
Die Vorinstanzen gaben zunächst der Klägerin Recht (u.a. LAG Niedersachsen, Urteil vom 23.03.2021 – 11 Sa 1062/20). Das Bundesarbeitsgericht sieht das jetzt, entgegen vieler Tendenzen in der Instanzrechtsprechung, anders und weist auf folgendes hin:
Dient der Arbeitsausfall zum Schutz der gesamten Bevölkerung vor schweren und tödlichen Krankheitsverläufen infolge von SARS-CoV-2-Infektionen und wird staatlich verordnet, dann kann sich hierdurch nicht das an einen bestimmten Betrieb angelegte Betriebsrisiko im Zusammenhang mit einem geringfügig Beschäftigten realisieren. Im Gegenteil: Die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung ist die Folge eines hoheitlichen Eingriffs zur Bekämpfung einer die Gesellschaft insgesamt treffenden Gefahrenlage. In einer solchen ist es dann Sache des Staates, gegebenenfalls für einen adäquaten Ausgleich der den Beschäftigten (auch der geringfügig Beschäftigen) durch den hoheitlichen Eingriff entstehenden finanziellen Nachteil – wie es zum Teil mit dem erleichterten Zugang zum Kurzarbeitergeld erfolgt ist – zu sorgen. Da dies vorliegend für die geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse nicht geschehen ist, kann der Arbeitgeber während eines „Lockdowns“ auch nicht verpflichtet werden währenddessen das Entgelt an seine Minjobler zu leisten.
Dass geringfügig Beschäftigte während eines Lockdowns nicht geschützt werden, beruht sodann auf Lücken in dem sozialversicherungsrechtlichen Regelungssystem. Aus dem Fehlen nachgelagerter Ansprüche lässt sich jedoch keine arbeitsrechtliche Zahlungspflicht des Arbeitgebers herleiten.
Daher gehen Minijobler bei einem Lockdown leer aus und erhalten kein Gehalt.
Anders ist die Situation bei „normalen Arbeitsverhältnissen“. Kann in dieser der Arbeitgeber auf staatliche Hilfen – wie dem Kurzarbeitergeld – zurückgreifen, dann schuldet er auch während eines Lockdowns die Vergütung weiter.
Über diese Situation hatten wir bereits berichtet. Sie können unsere News dazu unter #52 finden!
Die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach stehen Ihnen für weitere Beratung und Begleitung auch auf diesem arbeitsrechtlichen Feld gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns!