Die Mindestlöhne auf dem Bau gehören zu den verbindlichen Mindestarbeitsbedingungen in der Bauwirtschaft. Sie werden von der SOKA-BAU überwacht und auch immer auf Baustellen bei Kontrollen durch das Hauptzollamt in den Focus gestellt. Dieses große Haftungsrisiko hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr entschärft. Dieser Haftung unterliegen jetzt keine Unternehmer mehr, die lediglich als bloße Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben.
Nach der Pressemitteilung Nr. 31/19 des Bundesarbeitsgerichts zum Urteil vom 16.10.2019 – 5 AZR 241/18 – lag der Angelegenheit folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte lies auf dem ihr gehörenden Grundstück ein Einkaufszentrum errichten, das sie selbst verwaltet und in dem sie Geschäftsräume an Dritte vermietet. Für den Bau des Gebäudes beauftragte sie einen Generalunternehmer (GU), der wiederum mehrere Subunternehmer einschaltete. Bei einem dieser Subunternehmer war der Kläger als Bauhelfer beschäftigt. Dieser Subunternehmer blieb ihm – trotz rechtskräftiger Verurteilung in einem Arbeitsgerichtsprozess – Lohn schuldig. Über das Vermögen des Generalunternehmers wurde zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat deshalb wegen des ihm für seine Arbeit auf der Baustelle des Einkaufszentrums noch zustehenden Nettolohns die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Bürgenhaftung in Anspruch genommen und war der Ansicht, dass auch die Beklagte nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Unternehmerin für die Lohnschulden eines Subunternehmers haften müsse.
Die Beklagte unterliegt als bloße Bauherrin nicht der Bürgenhaftung des Unternehmers nach § 14 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG). Der Begriff des Unternehmers ist im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vorgängerregelung in § 1a AEntG a.F. nach dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung verfolgten Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Erfasst wird nur der Unternehmer, der sich zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung verpflichtet hat und diese nicht mit eigenen Arbeitskräften erledigt, sondern sich zur Erfüllung seiner Verpflichtung eines oder mehrerer Subunternehmer bedient. Gibt er auf diese Weise die Beachtung der zwingenden Mindestarbeitsbedingungen aus der Hand, ist es gerechtfertigt, ihm die Haftung für die Erfüllung der Mindestlohnansprüche der auch in seinem Interesse auf der Baustelle eingesetzten Arbeitnehmer aufzuerlegen. Dies trifft auf die Beklagte aber nicht zu. Sie hat lediglich als Bauherrin den Auftrag zur Errichtung eines Gebäudes für den betrieblichen Eigenbedarf an einen GU erteilt und damit nicht die Erfüllung eigener Verpflichtungen an Subunternehmer weitergegeben. Mit der Vergabe des Bauauftrags schaffte sie nur die Grundlage dafür, ihrem Geschäftszweck, der Vermietung und Verwaltung des Gebäudes, nachgehen zu können.
Die Entscheidung des BAG ist erfreulich und schafft Klarheit. Sie nimmt den Bauherrn der einen GU beauftragt endlich aus der Bürgenhaftung heraus. Etwas anders sieht es im Verhältnis zwischen dem GU und allen seinen Subunternehmern aus. Hier wird zukünftig nach wie vor das Risiko der Bürgenhaftung in der Subunternehmerkette bestehen bleiben. Diesbezüglich hilft nur eine gute und vorausschauende Vertragsgestaltung.
Die Kanzlei Gräber Onasch Ibach hat eine besondere Expertise im bauspezifischen Arbeitsrecht. Wir füllen die Lücke zwischen Arbeit- und Baurecht und führen Sie sicher und loyal auch durch dieses komplexe rechtliche Terrain mit all seinen Untiefen und weiteren Unwägbarkeiten.