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VG Neustadt: Gesichtsvisier kann Maske in der Schule nicht ersetzen

Neues zu den Corona-Maßnahmen: das VG Neustadt (VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschluss vom 10.09.2020 - 5 L 757/20.NW) hat entschieden, dass ein Schüler einer Schule in Speyer die vorgeschriebene Alltagsmaske auf dem Schulgelände nicht durch ein Gesichtsvisier (Face-Shield) ersetzen darf.

Beim Antragsteller handelt es sich um den Schüler eines Gymnasiums in Speyer. Nachdem er die Mund-Nasen-Bedeckung zu Beginn des Schuljahres 2020/2021 durch ein Gesichtsvisier ersetzt hatte, wurde er von der Schulleitung gebeten, zukünftig wieder eine Alltagsmaske zu tragen. Der Vater des Antragstellers schrieb dem Schulleiter daraufhin, dass sein Sohn aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen könne. Er verwies hierbei auch auf ein ärztliches Attest und bat darum, dass sein Sohn mit dem Gesichtsvisier im Unterricht teilnehmen könne. Der Schulleiter lehnte dies mit einem förmlichen Bescheid ab. Er bezog sich dabei auf das Fehlen einer schlüssigen ärztlichen Begründung.

Der Antragsteller hat dagegen Widerspruch eingelegt und suchte zudem vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Er machte geltend, dass das Gesichtsvisier eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der 10. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz sei. Daneben ergebe sich aus einem ärztlichen Attest, dass er aus gesundheitlichen Gründen keine Mund-Nasen-Maske tragen könne und die Verwendung eines Gesichtsvisiers ausreichend sei.

Das Verwaltungsgericht Neustadt hat den Eilantrag des Antragstellers abgelehnt.

Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die Verwendung eines Gesichtsvisiers nicht mit einer Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der landesrechtlichen Corona-Bekämpfungsverordnung vergleichbar sei. Die Alltagsmasken hätten nämlich die Funktion, als mechanische Barriere dazu beizutragen, die Verbreitung durch virushaltige Tröpfchen in die unmittelbare Umgebung, die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstoße, zu reduzieren und dadurch andere Personen zu schützen (Fremdschutz). Daher müsse die Alltagsmaske möglich enganliegen und gut sitzen, um das vorbeiströmen von Luft an den Rändern der Maske zu verringern. Unter dem Begriff der „Mund-Nasen-Bedeckung“ fiele nach dem Sinn und Zweck der Maskenpflicht Masken, welche aus handelsüblichen Stoffen genäht wurden. Ein Gesichtsvisier könne – nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand – nicht als Mund-Nasen-Bedeckung oder gleichwertige Alternative angesehen werden. Aktuelle Studien würden darauf hinweisen, dass die Rückhaltewirkung von Gesichtsvisieren auf aufgestoßene respiratorische Flüssigkeitspartikel deutlich schlechter sei. Denn Visiere könnten maximal die direkt auf die Scheibe auftretenden Tröpfen auffangen.

Die gerichtlichen Ausführungen sind sicher vor dem Umstand sicher sehr interessant, dass im Alltag in diversen Geschäften, Praxen und Lokalen immer häufiger zu beobachten ist, dass – häufig aus Bequemlichkeitsgründen – Mund-Nasen-Bedeckungen durch Gesichtsvisiere ersetzt werden. Auch wenn es aus Sicht der Träger natürlich nachvollziehbar ist, dass diese sich Erleichterung verschaffen wollen, ist festzuhalten, dass der Fremdschutz bei einem solchen Vorgehen erheblich reduziert ist. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Bußgeldbehörden dies zukünftig handhaben werden. Formell lässt sich festhalten, dass hier vermutlich unzählige Verstöße gegen die Maßgaben der landesrechtlichen Corona-Verordnungen tatbestandlich gegeben sind.

Zuletzt sind auch die Ausführungen des Gerichts zu den Befreiungsvoraussetzung aussagekräftig. Das Gericht hielt das vorgelegte ärztliche Attest nicht für ausreichend. Aus einem solchen Attest muss nach dem gerichtlichen Beschluss nämlich stets nachvollziehbar hervorgehen, auf welcher Grundlage der Hausarzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller während des Unterrichts keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen muss und die Nutzungspflicht auf die Zeit außerhalb des Unterrichts beschränkt, hätte der Hausarzt hier konkret darlegen müssen, aus welchen konkreten Gründen es für den Antragsteller unzumutbar sei, in diesen relativ kurzen Zeiträumen auf dem Schulgelände (also in Pausen und dem Aufsuchen von anderen Unterrichtsräumen bzw. des Sekretariats) keine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.

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