Gegenstand des Beschlusses vom 07.05.2021 (Az. 2 A 468/21) war ein Antrag des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des VG Düsseldorf vom 14.01.2021 (Az. 28 K 6199/18). Die Kläger hatten in der ersten Instanz beantragt, die beklagte Baurechtsbehörde zu verpflichten, dem Beigeladenen aufzugeben, Bodenaufschüttungen auf dessen Grundstück unter Beachtung der baurechtlichen Abstandsflächen abzutragen und auf mindesten 3 Meter, gerechnet von der Grundstücksgrenze, zurückzuverlegen.
Das Verwaltungsgericht bejahte den klägerischen Anspruch auf bauordnungsrechtliches Einschreiten gegen die Aufschüttung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze, weil diese gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoße, welche dem Schutz der Kläger als Nachbarn dienten, und weil das der beklagten Baurechtsbehörde zustehende Ermessen auf Null reduziert sei.
Das Oberverwaltungsgericht hat den Einwand des Beigeladenen, dass eine Ermessensreduktion nur bei der Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter wie Leib oder Leben in Betracht komme, entschieden zurückgewiesen. Das Gericht betont, dass im Falle einer Baurechtswidrigkeit eine Anlage aufgrund eines Verstoßes gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts die Baurechtsbehörde gehalten sei, hiergegen einzuschreiten und verweist auf das Urteil des OVG NRW vom 25.10.2010 (Az. 7 A 290/09).
Das Oberverwaltungsgericht hat sich ferner mit dem Begriff der Aufschüttungen auseinandergesetzt und festgestellt, dass es sich im konkreten Fall nicht um ein genehmigungsfreies Vorhaben im Sinne von § 62 Abs. 1 Nr. 9 BauO NRW handle. Die Unterteilung einer Aufschüttung in eine abstandsflächen-irrelevante Böschung und einen sonstigen Teil sei unzulässig. Es handle sich um eine selbstständige Aufschüttung, wenn sie nicht im Zusammenhang mit einer anderen baulichen Anlage errichtet wurde, sondern eine eigene Funktion und eine eigene Zweckbestimmung habe, also nicht im räumlichen oder funktionalen Zusammenhang mit einer anderen baulichen Anlage durchgeführt wurde, wie z.B. Aufschüttungen für Terrassen oder Abgrabungen für die Belichtung eines Kellers.
Die Kernaussagen der Entscheidung können auch in Streitfällen mit Baubehörden in Baden-Württemberg mit Blick auf die Definition von Aufschüttungen als verfahrensfreie Vorhaben (Anhang Ziff. 11 e zu § 50 Abs. 1 LBO Baden-Württemberg) sowie hinsichtlich der Voraussetzungen für den Erlass einer Abbruchsanordnung oder Nutzungsuntersagung im Rahmen der Bauaufsicht gem. § 65 LBO Baden-Württemberg relevant werden.
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