Mit dem Beschluss wurde der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. März 2021 (Az. 18 K4640/19) abgelehnt. Der Kläger machte ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
In dem Verfahren hatte das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Abbruch eines durch Ausschreibung eröffneten Auswahlverfahrens zur Besetzung einer Beförderungsstelle der Besoldungsgruppe A9 mit Amtszulage abgewiesen. Das Gericht begründete dies unter anderem damit, dass der Kläger die Rechtmäßigkeit nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung über den Abbruch im Rahmen eines Antragsverfahrens nach § 123 VwGO habe überprüfen lassen. Für ihn sei somit die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit des Abbruchs überprüfen zu lassen, verwirkt. Ferner habe die Beklagte das Auswahlverfahren rechtmäßig abgebrochen, der darauf bezogene Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers (aus Art. 33 Abs. 2 GG) sei erloschen. Außerdem liege ein sachlicher Grund für den Abbruch vor, weil dem Dienstherrn mittels einer einstweiligen Anordnung untersagt worden sei, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs konnte der Kläger die verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit seinem Vorbringen nicht durchgreifend infrage stellen. Der VGH ließ es offen, ob vorliegend eine Verwirkung angenommen werden könne. Denn das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.12.2014 (Az. 2 A 3.13), mit welchem erstmals diese Rechtsschutzfrist in richterrechtlicher Konkretisierung des Rechtsgedankens der Verwirkung für die in Streit stehende Fallgestaltung statuiert wurde, sei erst am 26.3.2015, und somit nach Abbruch des Bewerbungsverfahrens im vorliegenden Fall, auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts eingestellt worden. Dies könne mit Blick auf den Grundsatz des fairen Verfahrens bedenklich sein. Letztlich komme es darauf aber nicht an. Angesichts der konkreten Umstände sei auch die Dokumentation des für den Abbruch maßgeblichen Grundes ausreichend.
Der VGH folgt dabei ausdrücklich nicht der Auffassung des Klägers, wonach die schriftliche Fixierung der für den Abbruch maßgeblichen Erwägungen bereits im Vorfeld des eigentlichen Abbruchs zu erfolgen habe. Das Gericht stellt mit Blick auf die Zukunft aber klar, dass eine schriftliche Fixierung der für den Abbruch maßgeblichen Erwägungen mittels eines Aktenvermerks, dessen Inhalt dann allen Bewerbern zur Kenntnis gegeben wird, die Regel sein sollte.
Der Verfahrensabbruch sei im Ergebnis auch sachlich gerechtfertigt. Dies sei nämlich im Regelfall zu bejahen, wenn dem Dienstherrn im Wege einer einstweiligen Anordnung rechtskräftig untersagt wurde, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen. Denn hieraus könne der Dienstherr regelmäßig den Schluss ziehen, seine bisherige Verfahrensweise begegne erheblichen Zweifeln im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG.
In einer solchen Situation dürfe er das bisherige Verfahren abbrechen, um in einem anschließenden neuen Verfahren aufgrund eines gegebenenfalls aktualisierten Bewerberkreises eine Entscheidung zu treffen, die dem Art. 33 Abs. 2 GG genügt (Vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.11.2012, Az. 2 C 6.11). Man könne auch nicht annehmen, dass das Bundesverwaltungsgericht seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben habe und nunmehr allein maßgeblich sein solle, ob das Auswahlverfahren noch fehlerfrei zu Ende geführt werden könne. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.12.2018 (Az. 2 VR4.18) könne dies nicht entnommen werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe in dem Beschluss lediglich zwei Konstellationen genannt, in welchen der Dienstherr berechtigt sei, das Auswahlverfahren abzubrechen. Einerseits den Fall, dass der konkrete Dienstposten mit dem ursprünglich festgelegten Zuschnitt und der ursprünglichen besoldungsrechtlichen Einstufung nicht mehr besetzt werden solle. Andererseits die Konstellation, dass der Dienstherr den unverändert bleibenden Dienstposten weiterhin vergeben will, aber den Ausgang des ersten Auswahlverfahrens als unbefriedigend empfindet und das bisherige Verfahren nach seiner Einschätzung an nicht behebbaren Mängeln mit der Folge leide, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheine.
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