Anlass des Beschlusses des VGH vom 31.1.2023 (Az. 4 S 2551/22) war ein auf Einstellung als Beamter auf Probe in den Schuldienst als Fachlehrer gerichteter Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO. Der Antragsteller hatte die Einstellungsgrenze nach § 48 Abs. 1 LHO (Vollendung des 42. Lebensjahres als Altersgrenze) bereits überschritten, berief sich aber darauf, dass er drei Kinder habe und diese neben seiner Vollzeitberufstätigkeit in seiner freien Zeit betreut und erzogen habe.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bekräftigt seine enge Auslegung der Ausnahmevorschrift in § 48 Abs. 1 S. 2 LHO (siehe bereits Senatsbeschluss vom 18.3.2014, Az. 4 S 509/14). Die Norm solle erkennbar Härten ausgleichen, welche durch die Verzögerung im beruflichen Werdegang des Bewerbers aufgrund anerkennenswerter Tätigkeiten entstanden sind. Damit würden zugleich solche Fälle ausgeschieden, bei denen die Betreuung oder Pflegezeit ohne wesentlichen zeitlichen Einfluss auf den beruflichen Werdegang geblieben ist. Die Regelung habe offensichtlich nicht die Zielrichtung, eine pauschale Erhöhung der Altersgrenze für alle zu normieren, die Kinder haben.
Explizit führt der Verwaltungsgerichtshof hierzu aus:
„Nur eine solche Auslegung kann dem gesetzgeberischen Willen entsprechen. Zwar spricht die Gesetzesbegründung von einer „pauschalen Erhöhung der Altersgrenze“. Eine solche Erhöhung soll aber allein Verzögerungen bei der Verbeamtung Rechnung tragen, die ausdrücklich „durch“ Betreuungs- und Pflegezeiten entstanden sind (vgl. LT-Drs. 14/5680, S. 18). Die „pauschale Erhöhung“ in § 48 Abs. 1 Satz 2 LHO ist mithin so zu verstehen, dass sie sich nur auf die Länge des Zeitraums von zwei Jahren bezieht – und insoweit voraussetzt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die Erhöhung der Altersgrenze, also insbesondere kausale Verzögerungen bei der Einstellung in das Beamtenverhältnis aufgrund Betreuungs- oder Pflegezeiten, überhaupt eingetreten sind (Senatsbeschluss vom 04.05.2018 – 4 S 1394/17 -, Rn. 8). Die Pauschalisierung erleichtert die Gesetzesanwendung also nur insoweit, als die spezifische Dauer der im Einzelfall entstandenen Verzögerung nicht gesondert ermittelt und festgestellt werden muss.
Die Voraussetzungen für eine Erhöhung der maßgeblichen Einstellungsaltersgrenze gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 LHO sind im Falle des Antragstellers nicht erfüllt. Denn bei ihm lässt sich auch nach dem Beschwerdevorbringen eine Auswirkung der mitgeleisteten Kinderbetreuung auf den beruflichen Werdegang nicht hinreichend feststellen.
Die materielle Beweislast für den Ursachenzusammenhang zwischen Kinderbetreuung oder Angehörigenpflege sowie einer Einstellungsverzögerung trägt grundsätzlich der Einstellungsbewerber. Im Falle der Betreuung von minderjährigen Kindern kann regelmäßig von kausalen Verzögerungen der beruflichen Entwicklung ausgegangen werden. Ein solcher Regelfall liegt insbesondere dann nahe, wenn zumindest zeitweise in Teilzeit gearbeitet oder Elternzeit in Anspruch genommen wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 18.02.2014 – 4 S 509/14 -, Juris Rn. 8 f.).“
Fazit: Für alle (potentiellen) Bewerber oder Quereinsteiger, welche auf eine Einstellung bzw. Verbeamtung spekulieren, erscheint es ratsam, sich rechtzeitig mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen zu beschäftigen und abzuklären, ob in Ihrem konkreten Fall eine Erhöhung der Altersgrenze infrage kommt oder nicht. Die Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach stehen Ihnen bei beamtenrechtlichen und dienstrechtlichen Fragestellungen gerne jederzeit zur Verfügung.