Gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG wird nicht nur ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München geführt. Er wird gemeinsam mit der insolventen AG vor dem Landgericht München auch auf Schadensersatz in Höhe von über 1 Mio. Euro von diversen Gläubigern und Geschädigten in Anspruch genommen. Die beklagte Versicherung hatte die Übernahme von Kosten zur Abwehr von Schadensersatzansprüchen abgelehnt. Der Kläger weist alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurück.
Der Kläger hatte eine vorweggenommene Deckungsklage vor dem Landgericht Frankfurt in Verbindung mit einer Leistungsverfügung beantragt. Das Landgericht hatte dem Antrag durch Urteil vom 18.01.2021 (Az. 2-08 O 320/20) stattgegeben. Die Berufung der beklagten Versicherung wurde nun vom OLG Frankfurt zurückgewiesen. Es bleibt dabei, dass der Kläger im Weg der einstweiligen Verfügung die Gewährung von vorläufigen Abwehrkosten aus seiner D&O-Versicherung (Vermögenschadenhaftpflichtversicherung) die von der Wirecard AG bei der Beklagten für ihre Organmitglieder und leitenden Angestellten abgeschlossen worden war, erhält. Entscheidungserheblich war hierfür insbesondere Ziffer 7.1.3 der Versicherungsbedingungen. Danach habe der Versicherer im Zweifel über das Vorliegen einer wissentlichen Pflichtverletzung oder vorsätzlichen Pflichtverletzung Verteidigungskosten zu gewähren.
Das Oberlandesgericht führt dazu aus, dass die Rechtsschutzverpflichtung zur Abwehr von unberechtigten Ansprüchen Dritter für den Versicherten von existenzieller Bedeutung sei. Im Falle einer Deckungsablehnung durch den Versicherer stünde der Versicherte ohne Rechtsschutz da und wäre auf einen langwierigen, vorweggenommenen Deckungsprozess gegen den Versicherer angewiesen. Durch die besondere Ausgestaltung der vorläufigen Verteidigungskosten in Ziffer 7.1.3 würde dem berechtigten Interesse des zu Unrecht beschuldigten Managers nach bestmöglicher Absicherung durch eine D&O-Versicherung Rechnung getragen. Ein Leistungsausschluss sei nur im Falle einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, aus welcher sich Umstände hinsichtlich einer vorsätzlichen Pflichtverletzung ergeben, die eine vorsätzliche Pflichtverletzung belegen können, möglich. Da eine solche Entscheidung gegenwärtig nicht vorliegt und nach Auffassung des OLG Frankfurt nur außerhalb des Deckungsprozesses in einem separaten Verfahren stattfinden könne, sei es der Versicherung nicht möglich, sich bis zum Vorliegen einer solchen Entscheidung auf eine arglistige Täuschung zu berufen.
Die Entscheidung stärkt grundsätzlich die Position von Versicherungsnehmern und ist im Sinne der zahlreichen Vorstände, GmbH-Geschäftsführern und sonstigen leitenden Angestellten und Managern, die derartige Versicherungen abgeschlossen haben, zu begrüßen.
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