
Einleitung
Eine Kündigung während der Schwangerschaft ist ein Schock für die werdende Mutter. Sie reißt Betroffene aus der Bahn, wirft existenzielle Fragen auf und stellt das Leben auf den Kopf. Doch das Arbeitsrecht bietet schwangeren Arbeitnehmerinnen einen starken Schutzschild. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diesen Schutz mit seinem aktuellen Urteil vom 3. April 2025 (Az. 2 AZR 156/24) noch einmal deutlich gestärkt – insbesondere für Frauen, die erst nach Ablauf der üblichen Klagefrist von ihrer Schwangerschaft erfahren.
Starker Kündigungsschutz für Schwangere: Die Rechtslage im Überblick
Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen nach § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) einen besonderen Kündigungsschutz. Eine Kündigung ist während der Schwangerschaft und bis vier Monate nach der Entbindung grundsätzlich unzulässig. Nur in seltenen Ausnahmefällen – mit behördlicher Zustimmung – kann eine Kündigung überhaupt wirksam werden. Letztere wird nur sehr selten durch eine Behörde erteilt.
Wichtig: Der Schutz gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung von der Schwangerschaft wusste. Wird die Schwangerschaft erst nach Zugang der Kündigung bekannt, kann die Arbeitnehmerin dies innerhalb von zwei Wochen nachträglich mitteilen und Klage gegen die Kündigung erheben. Versäumt sie diese Frist unverschuldet, etwa weil sie selbst noch nichts von der Schwangerschaft wusste, kann die Mitteilung auch später nachgeholt werden. Dann ist aber Eile geboten und die richtigen Schritte müssen gegangen werden.
Die Drei-Wochen-Frist und ihre Tücken
Nach Zugang einer Kündigung muss eine Kündigungsschutzklage grundsätzlich innerhalb von drei Wochen beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG). Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam – selbst wenn sie eigentlich unzulässig war, § 7 KSchG.
Doch was passiert, wenn eine Frau erst nach Ablauf dieser Frist von ihrer Schwangerschaft erfährt? Genau hier setzt das aktuelle BAG-Urteil an.
Das BAG-Urteil vom 3. April 2025 (Az. 2 AZR 156/24): Hoffnung für Betroffene.
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden: Schwangere Arbeitnehmerinnen können auch nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist noch Klage gegen ihre Kündigung erheben, wenn sie erst später – und unverschuldet – von ihrer Schwangerschaft erfahren. Entscheidend ist der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Schwangerschaft, nicht ein früherer positiver Heimtest.
Der Fall:
Eine Arbeitnehmerin erhielt am 14. Mai 2022 die Kündigung. Zwei Wochen später machte sie zu Hause einen Schwangerschaftstest – positiv. Einen Arzttermin bekam sie erst am 17. Juni 2022 und damit nach Ablauf der zunächst entscheidenden Drei-Wochen-Frist um gerichtlich gegen die Kündigung vorgehen zu können. Die Kündigungsschutzklage reichte sie erst am 13. Juni ein, den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung verband sie damit. Das ärztliche Attest reichte sie am 21. Juni nach. Die Schwangerschaft bestand bereits vor Zugang der Kündigung – die Kündigung war damit unwirksam.
Nachträgliche Klagezulassung: So funktioniert’s und wann ist eine nachträgliche Klage möglich?
§ 5 KSchG regelt: Erfährt eine Frau erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist von ihrer Schwangerschaft – und trifft sie daran kein Verschulden –, kann sie die Kündigungsschutzklage nachträglich einreichen. Die Frist für den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung beträgt zwei Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem die Schwangerschaft ärztlich festgestellt wurde.
Wichtige Voraussetzungen:
- Die Schwangerschaft bestand bereits zum Zeitpunkt der Kündigung.
- Die Arbeitnehmerin wusste unverschuldet nichts von der Schwangerschaft. Im Urteilsfall wurde die Verzögerung des Arzttermins als entschuldigt angesehen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Arzt keinen früheren Termin frei hat.
- Die ärztliche Bestätigung der Schwangerschaft ist entscheidend für den Fristbeginn.
- Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis, also nach dem Arzttermin, in dem die Schwangerschaft vom Arzt festgestellt wurde, gestellt werden.
- Nach sechs Monaten ist eine nachträgliche Klagezulassung ausgeschlossen.
Achtung: Ein positiver Schwangerschaftstest reicht nicht aus – maßgeblich ist die ärztliche Bestätigung.
Vergleich: Kündigungsschutz bei Kenntnis und Unkenntnis der Schwangerschaft
Situation der Schwangeren | Kündigungsschutz | Klagefrist | Nachträgliche Klagezulassung möglich? |
Schwangere weiß von Schwangerschaft und informiert Arbeitgeber rechtzeitig | Ja, voller Schutz | 3 Wochen ab Zugang der Kündigung | Nein, da Frist bekannt und zumutbar |
Schwangere erfährt erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist von Schwangerschaft | Ja, voller Schutz | 2 Wochen ab ärztlicher Feststellung | Ja, nach § 5 KSchG möglich |
Schwangere weiß von Schwangerschaft, aber kein ärztliches Attest vor Fristablauf | Ja, voller Schutz | 2 Wochen ab ärztlicher Feststellung | Ja, nach § 5 KSchG möglich |
Der Kündigungsschutz für Schwangere ist umfassend – unabhängig davon, ob die Frau zum Zeitpunkt der Kündigung von ihrer Schwangerschaft wusste oder nicht. Entscheidend ist, dass die Schwangerschaft bereits im Zeitpunkt der Kündigung bestand und die Arbeitnehmerin unverschuldet erst später davon erfährt.
Was Betroffene jetzt tun sollten:
- Sofort handeln: Nach einer Kündigung und bei Verdacht auf eine Schwangerschaft schnellstmöglich einen Arzttermin vereinbaren und schriftliche Dokumentation aller Schritte (z. B. Terminanfragen).
- Bei bekannter Schwangerschaft: Klage unbedingt innerhalb der 3-Wochen-Frist einreichen – auch wenn der Arbeitgeber informiert wurde.
- Nach Fristablauf: Antrag auf nachträgliche Zulassung stellen und zuvor ärztliche Bestätigung sichern; nur mit ärztlichem Attest beginnt die Frist für die nachträgliche Klage.
- Fristen beachten: Nach ärztlicher Feststellung bleiben nur zwei Wochen für die (nachträgliche) Kündigungsschutzklage.
- Rechtsanwalt einschalten: Die Unterstützung durch einen erfahrenen Anwalt ist in dieser Situation Gold wert. Er hilft, Fristen einzuhalten, die richtige Strategie zu wählen und Ihre Rechte durchzusetzen. Gerade bei drohendem Jobverlust und existenziellen Fragen ist professionelle Hilfe entscheidend.
Weitere Informationen und Unterstützung finden Sie auf unserer Arbeitsrecht-Seite und in unseren aktuellen Beiträgen.
Fazit
Lassen Sie sich nicht entmutigen. Holen Sie sich rechtliche Unterstützung und kämpfen Sie für Ihr Recht – für sich und Ihr Kind! Das BAG stärkt Schwangere – Ihre Rechte sind sicher! Das Urteil des BAG vom 3. April 2025 ist ein weiterer Meilenstein für den Kündigungsschutz schwangerer Arbeitnehmerinnen. Es sorgt dafür, dass keine Schwangere durch eine unverschuldete Fristversäumnis ihren Arbeitsplatz verliert. Die emotionale Belastung einer Kündigung in der Schwangerschaft ist enorm – umso wichtiger ist es, dass das Recht hier klar und unmissverständlich auf der Seite der Betroffenen steht.
Was wir für Sie tun können und warum unsere Unterstützung entscheidend ist:
- Fristwahrung: Die Rechtsanwälte und Fachanwälte unserer Kanzlei sorgen für fristgerechte Klageeinreichung und vermeiden Formfehler.
- Strategische Beratung: Die Rechtsanwälte und Fachanwälte bewerten die Erfolgsaussichten einer Klage, z. B. bei Verstößen gegen Sonderkündigungsschutz (Schwangerschaft, Schwerbehinderung), aber auch bei allen anderen Streitigkeiten aus dem Arbeitsrecht.
- Verhandlungsstärke: Die Rechtsanwälte und Fachanwälte verhandeln das Optimale für den Mandanten – persönlich, verlässlich, souverän. Mehr als 75 % aller Kündigungsschutzklagen enden trotzdem in einem Vergleich – mit uns erreichen Sie dabei aber höhere Abfindungen also ohne unsere Hilfe.
Weitere Informationen zu arbeitsrechtlichen Themen finden Sie auf unserer Unterseite zum Arbeitsrecht. Wenn Sie Fragen haben, stehen Ihnen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach gerne zur Seite! Kontaktieren Sie uns!