Mit Beschluss vom 28.11.2022 (AZ: 2 B 176/22) entschied das OVG Bremen über den gerichtlichen Eilantrag einer Lehrkraft gegen den Abbruch des Verfahrens zur Besetzung der Stelle der Jahrgangsleitung für eine Jahrgangsstufe. Die Stelle hatte sich zunächst im Wege eines Konkurrentenstreitverfahrens erfolgreich gegen die Beförderung eines Mitbewerbers gewandt. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Auswahl rechtswidrig sei, weil der ausgewählte Bewerber noch Beamter auf Probe sei und weil seine dienstliche Beurteilung einen unzulässigen vordienstlichen Zeitraum umfasse. Im Anschluss erklärte die Behörde, dass sie das Besetzungsverfahren abbrechen werde. Die Stelle werde nicht abschließend besetzt.
Das OVG Bremen hat dazu festgehalten: „Will der Dienstherr – wie hier – unbeschadet der getroffenen Abbruchentscheidung die Stelle weiterhin vergeben, hält hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich, bleibt Art. 33 Abs. 2 GG Prüfungsmaßstab. Denn die Stelle soll in diesem Fall unverändert bestehen bleiben und auch besetzt werden. Deswegen bedarf es in einem solchen Fall für die Abbruchentscheidung eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügt Der Dienstherr kann das Auswahlverfahren abbrechen, wenn es fehlerhaft ist und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann oder wenn eine erneute Ausschreibung erforderlich wird, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten. Nach dieser Rechtsprechung ist also der bloße Umstand, dass die getroffene Auswahlentscheidung verwaltungsgerichtlich beanstandet wurde, nicht per se ein sachlicher Grund für den Abbruch des Besetzungsverfahrens. Hinzukommen muss, dass der gerichtlich festgestellte Mangel bei einer Fortführung des Auswahlverfahrens nicht mehr behoben werden könnte. Das bisherige Verfahren muss an nicht behebbaren Mängeln leiden, mit der Folge, dass eine den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht werdende Auswahlentscheidung allein in einem weiteren Auswahlverfahren denkbar erscheint. Der Abbruch soll dann sicherstellen, dass die Bewerbungsverfahrensansprüche der Bewerber in einem weiteren, neuen Verfahren gewahrt werden.
In formeller Hinsicht setzt die Rechtmäßigkeit einer Abbruchentscheidung voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird. Bei der Prüfung, ob ein sachlicher Grund für den Abbruch vorliegt, ist allein auf die schriftlich dokumentierten Erwägungen abzustellen. Ob sich der Abbruch durch einen anderen Sachgrund rechtfertigen ließe, ist ohne Belang. Die erstmalige Darlegung der Gründe für den Abbruch im gerichtlichen Eilverfahren genügt nicht (BVerfG, Beschl. v. 28.11.2011 – 2 BvR 1181/11). Genügt die Abbruchentscheidung diesen Vorgaben nicht, ist sie unwirksam und das in Gang gesetzte Auswahlverfahren fortzuführen. Eine Neuausschreibung darf nicht erfolgen.“
Zusammenfassend muss ein Auswahlverfahren also abgebrochen werden, wenn es fehlerhaft ist und im Hinblick auf Art. 33 GG aus sachlichen Gründen keine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung mehr erfolgen kann. Für den Abbruch des Verfahrens sind dabei nur diejenigen Gründe zu berücksichtigen, welche zum Zeitpunkt des Abbruchs dokumentiert sind. Nicht genügend ist die erstmalige Darlegung der Gründe für den Abbruch im gerichtlichen Eilverfahren.
Die gerichtliche Entscheidung verdeutlicht, dass sich Behörden beim Abbruch von Auswahlentscheidungen oft zu leichttun. Betroffene Mitbewerber, die möglicherweise sogar bereits teilweise Erfolg vor dem Verwaltungsgericht hatten und die Beförderung des Konkurrenten stoppen konnten, sind gut beraten, einen solchen Abbruch anwaltlich überprüfen zu lassen. Zögern Sie nicht, uns hierfür zu kontaktieren. Bei beamtenrechtlichen Fragestellungen stehen Ihnen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach gerne zur Verfügung.