
Einleitung
Der Traum vom Eigenheim ist für viele Paare ein zentrales Lebensziel. Doch immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, ohne Trauschein zusammenzuleben und gemeinsam eine Immobilie zu kaufen oder zu bauen. Die Motive sind vielfältig: Flexibilität, Unabhängigkeit oder schlicht die Überzeugung, dass eine Ehe für das gemeinsame Glück nicht notwendig ist. Doch während für Ehepaare zahlreiche gesetzliche Schutzmechanismen existieren, stehen unverheiratete Paare beim Immobilienkauf ohne Ehe oder beim Hausbau ohne Trauschein vor erheblichen rechtlichen Herausforderungen. Die Risiken reichen von unklaren Eigentumsverhältnissen über Probleme bei der Immobilienfinanzierung bis hin zu gravierenden Nachteilen im Erbrecht. Dieser Beitrag zeigt detailliert, worauf unverheiratete Paare achten müssen, wie sie sich rechtlich absichern und welche Fehler unbedingt zu vermeiden sind.
I. Rechtliche Ausgangslage: Immobilienkauf unverheiratet
1. Gesetzliche Unterschiede zwischen Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Ehepaare genießen im deutschen Recht umfassenden Schutz. Das gilt insbesondere für den Fall der Trennung oder des Todes eines Partners. Für unverheiratete Paare hingegen existieren keine spezifischen gesetzlichen Regelungen zum gemeinsamen Vermögen oder zur Immobilie. Das Gesetz behandelt sie wie Fremde. Wer also als unverheiratetes Paar eine Immobilie kaufen möchte, muss sämtliche Rechte und Pflichten individuell regeln.
Praxisbeispiel:
Kauft ein Paar gemeinsam ein Haus, ohne verheiratet zu sein, und trennt sich später, gibt es keine gesetzlichen Regelungen zur Vermögensaufteilung. Es gilt ausschließlich das, was im Grundbuch und in etwaigen Verträgen vereinbart wurde.
2. Eigentumsverhältnisse: Grundbuch und Bruchteilsgemeinschaft
Das zentrale Dokument beim Hauskauf ohne Trauschein ist das Grundbuch. Nur wer dort eingetragen ist, gilt als rechtlicher Eigentümer. Die Eintragung kann zu gleichen Teilen (50/50) oder in einem anderen Verhältnis erfolgen, etwa 70/30, wenn einer der Partner mehr Eigenkapital einbringt oder mehr auf das gemeinsame Darlehen zurückzahlt.
Wichtige Begriffe:
- Bruchteilsgemeinschaft Immobilie: Beide Partner werden zu bestimmten Quoten als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
- Immobilien GbR: Alternativ kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet werden, die als Eigentümerin im Grundbuch steht. Die Besitzverhältnisse werden dann im Gesellschaftsvertrag geregelt.
Tipp:
Die gewählte Eigentumsstruktur sollte exakt der realen finanziellen Beteiligung entsprechen. Nur so lassen sich spätere Streitigkeiten vermeiden.
II. Immobilienfinanzierung ohne Trauschein
1. Gemeinsame Baufinanzierung: Chancen und Risiken
Die Immobilienfinanzierung unverheirateter Paare ist heute gängige Praxis. Banken prüfen die Bonität beider Partner und verlangen in der Regel, dass beide als Darlehensnehmer auftreten. Damit haften beide gesamtschuldnerisch für die gesamte Darlehenssumme – unabhängig davon, wer wie viel gezahlt oder im Grundbuch steht.
Risiko:
Im Fall einer Trennung oder Zahlungsunfähigkeit eines Partners kann die Bank den gesamten Kreditbetrag von jedem der beiden verlangen. Die interne Aufteilung der Kosten und Tilgungsleistungen sollte daher klar vertraglich geregelt werden.
2. Eigenkapital und Sonderleistungen
Bringt ein Partner mehr Eigenkapital ein oder leistet besondere Beiträge (z.B. durch Eigenleistungen beim Hausbau), sollte dies unbedingt in einem Partnerschaftsvertrag Immobilie dokumentiert werden. Andernfalls drohen erhebliche finanzielle Nachteile, falls es zur Trennung kommt.
3. Steuerliche Aspekte der Baufinanzierung
Unverheiratete Paare können keine gemeinsamen steuerlichen Vorteile wie den Ehegattensplittingtarif nutzen. Auch bei der Absetzbarkeit von Schuldzinsen oder Abschreibungen gilt: Jeder kann nur den Anteil geltend machen, der seinem Miteigentumsanteil entspricht.
III. Partnerschaftsvertrag und notarielle Absicherung
1. Warum ein Partnerschaftsvertrag unverzichtbar ist
Ein Partnerschaftsvertrag für die Immobilie ist das zentrale Instrument zur rechtlichen Absicherung. Er regelt:
- die Eigentumsverhältnisse,
- die Aufteilung der Kosten,
- die Rechte und Pflichten im Innenverhältnis,
- den Umgang mit Wertsteigerungen,
- die Folgen einer Trennung,
- und die Bedingungen für den Verkauf oder die Übertragung der Immobilie.
2. Notarvertrag und Grundbuch
Der Notarvertrag für unverheiratete Paare ist für den Immobilienerwerb zwingend erforderlich. Nur durch notarielle Beurkundung wird der Eigentumsübergang wirksam. Im Notarvertrag sollten individuelle Regelungen zur Aufteilung und Nutzung der Immobilie, zu Vorkaufsrechten und zur Lastenverteilung aufgenommen werden.
3. Immobilien GbR als rechtliche Alternative
Die Gründung einer Immobilien GbR bietet nicht nur die Möglichkeit, die Besitzverhältnisse flexibel, sondern auch rechtssicher zu gestalten. Dabei wird die Gesellschaft als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen, während die internen Rechte und Pflichten der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag geregelt werden. Besonders zu empfehlen ist dieses Vorgehen, wenn die Eigentumsverhältnisse komplex sind oder wenn mehrere Personen gemeinsam beteiligt sind, da so klare Strukturen und rechtliche Sicherheit geschaffen werden.
IV. Trennung und Ausstieg: Was passiert mit der Immobilie?
1. Trennung: Rechtliche Folgen
Kommt es zur Trennung, besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Ausgleichszahlungen oder Übertragung des Miteigentumsanteils. Entscheidend ist, was im Grundbuch und im Partnerschaftsvertrag geregelt wurde. Gibt es keine klaren Regelungen wird es schwierig und Stress ist für beide Partner vorprogrammiert.
Mögliche Lösungen:
- Verkauf der Immobilie und Teilung des Erlöses nach Eigentumsanteilen
- Übernahme des Anteils eines Partners durch den anderen gegen Zahlung des Verkehrswertes
- Fortführung der Bruchteilsgemeinschaft (oft problematisch)
2. Risiken bei fehlender vertraglicher Regelung
Ohne klare vertragliche Regelungen drohen nicht nur langwierige, sondern auch teure Rechtsstreitigkeiten, da die gesetzlichen Vorgaben oft nicht auf die individuelle Lebenssituation passen. Die Praxis zeigt außerdem, dass viele Paare im Trennungsfall erhebliche Vermögensverluste erleiden, weil keine eindeutigen Vereinbarungen existieren und somit Unsicherheit über die Aufteilung des Vermögens entsteht. Deshalb ist es ratsam, bereits frühzeitig klare Absprachen zu treffen, um finanzielle Nachteile und unnötigen Streit zu vermeiden
3. Absicherung durch Vorkaufsrechte und Teilungsversteigerung
Im Partnerschaftsvertrag können nicht nur Vorkaufsrechte vereinbart werden, sondern es lässt sich auch festlegen, dass ein Partner den Anteil des anderen übernehmen darf, bevor ein Verkauf an Dritte erfolgt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Immobilie möglichst in der Partnerschaft bleibt und unerwünschte Dritte außen vor bleiben. Außerdem sollte, um eine Zwangsversteigerung zu vermeiden, unbedingt auch das Verfahren der Teilungsversteigerung vertraglich geregelt werden. Auf diese Weise können beide Partner bereits im Vorfeld festlegen, wie im Fall einer Trennung oder bei Meinungsverschiedenheiten mit dem gemeinsamen Eigentum umgegangen wird, sodass langwierige und teure Streitigkeiten vermieden werden können..
V. Erbrecht und Nachfolge: Immobilie im Todesfall
1. Erbrecht unverheiratete Paare Immobilie
Das deutsche Erbrecht sieht für unverheiratete Paare keinerlei gesetzliches Erbrecht vor. Deshalb erben, wenn ein Partner verstirbt, ausschließlich die gesetzlichen Erben wie beispielsweise Kinder, Eltern oder Geschwister, während der Lebensgefährte leer ausgeht. Dies gilt unabhängig davon, wie lange die Beziehung bereits bestand oder ob gemeinsame Kinder vorhanden sind, da das Gesetz nichteheliche Lebensgemeinschaften in erbrechtlicher Hinsicht nicht berücksichtigt. Aus diesem Grund sollten unverheiratete Paare unbedingt rechtzeitig Vorsorge treffen und ihren Nachlass durch ein Testament oder einen Erbvertrag regeln, damit der Partner im Todesfall abgesichert ist und nicht durch die gesetzliche Erbfolge benachteiligt wird.
2. Testament und Erbvertrag
Um den überlebenden Partner abzusichern, ist ein Testament oder Erbvertrag zwingend erforderlich. Nur so kann der Partner als Erbe oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden. Ohne testamentarische Regelung droht der Verlust der Immobilie oder hohe Ausgleichszahlungen an die gesetzlichen Erben.
Wichtiger Hinweis:
Unverheiratete Paare haben bei der Erbschaftsteuer nur einen Freibetrag von 20.000 EUR. Für Ehegatten liegt dieser bei 500.000 EUR. Gerade bei Immobilienwerten kann dies zu erheblichen Steuerbelastungen führen.
3. Absicherung durch Versicherungen
Eine Risikolebensversicherung zugunsten des Partners kann helfen, die finanzielle Belastung im Todesfall zu mindern und die Immobilie zu erhalten.
VI. Steuerliche Besonderheiten für unverheiratete Paare
1. Grunderwerbsteuer und Schenkung
Beim Immobilienkauf ohne Ehe fällt für beide Partner jeweils Grunderwerbsteuer auf ihren eigenen Anteil an, sodass die Steuerlast nicht gemeinsam, sondern individuell getragen werden muss. Darüber hinaus sind Schenkungen zwischen den Partnern ebenfalls steuerpflichtig, sofern sie den geltenden Freibetrag überschreiten. Deshalb sollten Paare, die gemeinsam eine Immobilie erwerben möchten, nicht nur die steuerlichen Folgen im Blick behalten, sondern auch frühzeitig prüfen, wie sie ihre Vermögensverhältnisse optimal gestalten können, um unerwartete Steuerbelastungen zu vermeiden.
2. Steuerliche Absetzbarkeit von Kosten
Jeder Partner kann nur die Kosten steuerlich geltend machen, die seinem Miteigentumsanteil entsprechen. Dies betrifft insbesondere Schuldzinsen, Abschreibungen und Werbungskosten bei vermieteten Immobilien.
3. Steuerliche Optimierungsmöglichkeiten
Eine sorgfältige Planung der Eigentumsverhältnisse und der Finanzierungsstruktur kann helfen, die steuerliche Belastung zu minimieren. Die Beratung durch einen Steuerberater ist in jedem Fall zu empfehlen.
VII. Praktische Empfehlungen und Checkliste
1. Klare Regelung der Eigentumsverhältnisse ✅
- Eintragung beider Partner im Grundbuch und entsprechend der finanziellen Beteiligungen
- Schriftliche Dokumentation aller Leistungen und Investitionen
2. Partnerschaftsvertrag abschließen ✅
- Regelung der Kostenverteilung, Nutzung, Wertsteigerung und Trennung
- Vereinbarung von Vorkaufsrechten und Modalitäten für den Verkauf
3. Testament und Erbvertrag aufsetzen ✅
- Absicherung des Partners für den Todesfall
- Berücksichtigung der Erbschaftsteuer
4. Versicherungen prüfen ✅
- Risikolebensversicherung zur Absicherung der Finanzierung
- Wohngebäude- und Hausratversicherung
5. Steuerliche Beratung einholen ✅
- Optimierung der steuerlichen Gestaltung
- Vermeidung unnötiger Steuerbelastungen
VIII. Fazit: Rechtssicherheit und Planung sind entscheidend
Der Immobilienkauf ohne Trauschein bietet unverheirateten Paaren viele Freiheiten und birgt jedoch erhebliche rechtliche sowie finanzielle Risiken. Ohne die Schutzmechanismen der Ehe ist es unerlässlich, alle wichtigen Fragen rund m Eigentumsverhältnisse, Partnerschaftsvertrag, Immobilienfinanzierung, Erbrecht und steuerliche Aspekte frühzeitig und umfassend zu regeln. Nur durch eine sorgfältige Planung und vertragliche Absicherung können Paare sicherstellen, dass ihr gemeinsames Immobilienprojekt nicht zum finanziellen oder rechtlichen Fiasko wird.
Die professionelle Beratung durch einen spezialisierten Anwalt für Immobilienrecht und Erbrecht ist dabei der beste Weg, um Risiken zu minimieren und den Traum vom Eigenheim rechtssicher zu verwirklichen. Nutzen Sie die Möglichkeiten des Partnerschaftsvertrags Immobilie, regeln Sie die Eigentumsverhältnisse klar und sorgen Sie mit Testament und Versicherungen für eine umfassende Absicherung – so steht dem gemeinsamen Hauskauf oder Hausbau auch ohne Trauschein nichts im Wege.
Die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach unterstützen Sie gerne bei der rechtssicheren Umsetzung ihres Immobilienkaufs. Kontaktieren Sie uns!