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URTEILE, RECHTSTIPPS UND AKTUELLES AUS UNSERER KANZLEI

Sie interessieren sich für aktuelle Urteile der Rechtsprechung? Oder sind auf der Suche nach Rechtstipps zu einem der Rechtsgebiete, die unsere Kanzlei vertritt? In der folgenden Liste haben wir aktuelle Urteile und Rechtstipps für Sie zusammengestellt. Anhand der Vorsortierung können Sie gezielt juristische Urteile und Tipps zu jenen Bereichen aufrufen, die für Sie interessant sind.

Kündigung per Einwurf-Einschreiben: Warum der Sendestatus keinen Anscheinsbeweis liefert

Einleitung

Die Zustellung von Kündigungen ist ein zentraler Bestandteil des Arbeitsrechts. Dabei kommt es immer wieder zu Streitigkeiten darüber, ob eine Kündigung tatsächlich dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 30.01.2025 – 2 AZR 68/24) zeigt, dass ein Einwurf-Einschreiben samt Sendestatus nicht ausreicht, um den Zugang einer Kündigung im Sinne eines Anscheinsbeweises zu belegen. Im Folgenden erläutern wir die Hintergründe und die rechtliche Bedeutung dieses Urteils.

Der Sachverhalt: Streit um den Zugang der Kündigung

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses. Die Arbeitgeberin hatte das Arbeitsverhältnis zunächst im März 2022 außerordentlich fristlos gekündigt. Später, im Juli 2022, folgte eine erneute Kündigung, deren Zugang die Arbeitnehmerin jedoch bestritt. Die Arbeitgeberin berief sich darauf, das Kündigungsschreiben sei per Einwurf-Einschreiben zugestellt worden, und legte hierzu einen Einlieferungsbeleg sowie den online abrufbaren Sendungsstatus aus der Sendungsverfolgung vor.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) gab der Arbeitnehmerin recht, und das BAG wies die Revision der Arbeitgeberin zurück. Das Gericht stellte fest, dass die Beweismittel der Arbeitgeberin nicht ausreichten, um den Zugang der Kündigung nachzuweisen.

Rechtlicher Hintergrund: Zugang von Willenserklärungen

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB gilt eine Willenserklärung als zugegangen, sobald sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist und unter gewöhnlichen Umständen von diesem zur Kenntnis genommen werden kann. Im Falle einer Kündigung trägt der Absender – in diesem Fall die Arbeitgeberin – die Beweislast für den Zugang.

Das BAG betonte in seiner Entscheidung erneut, dass ein Einwurf-Einschreiben keine hinreichende Sicherheit bietet, um den Zugang einer Willenserklärung zu belegen. Weder der Einlieferungsbeleg noch der Sendungsstatus können sicherstellen, dass das Schreiben tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.

Die Funktionsweise eines Einschreibens mit Rückschein

Beim Einschreiben mit Rückschein erhält der Absender eine schriftliche Bestätigung, sobald der Empfänger das Schreiben entgegennimmt und den Empfang quittiert. Trifft die Zustellperson den Empfänger jedoch nicht an, wird lediglich eine Benachrichtigung hinterlassen, dass das Schreiben in einer Postfiliale abgeholt werden kann. Der Zugang gilt erst dann als erfolgt, wenn der Empfänger das Einschreiben tatsächlich abholt und unterschreibt. Macht er das nicht, geht das Schreiben nicht zu und biegt sozusagen vor dem Empfänger in eine andere Richtung ab.

Warum reicht der Sendungsstatus nicht aus?

Das BAG führte mehrere Gründe an, warum ein Sendungsstatus keinen Anscheinsbeweis für den Zugang einer Kündigung bietet:

  • Fehlende Nachvollziehbarkeit: Der Sendungsstatus gibt keine Auskunft darüber, ob das Schreiben tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen wurde.
  • Keine Details zur Zustellung: Weder die Uhrzeit noch die genaue Adresse oder der Zustellbezirk werden dokumentiert.
  • Keine Möglichkeit des Gegenbeweises: Der Empfänger hat kaum eine Chance, den Zugang zu widerlegen, da keine konkreten Zustelldetails vorliegen.
  • Kein Ersatz für einen Auslieferungsbeleg: Ein solcher Beleg könnte zumindest dokumentieren, wer das Schreiben wann und wo zugestellt hat.

Das Urteil verdeutlicht damit erneut die hohen Anforderungen an den Nachweis des Zugangs von Willenserklärungen im Arbeitsrecht.

Praktische Konsequenzen für Arbeitgeber

Für Arbeitgeber bedeutet dieses Urteil, dass sie bei der Zustellung von Kündigungen nach wie vor besonders sorgfältig vorgehen müssen. Um Streitigkeiten über den Zugang zu vermeiden, bieten sich folgende Alternativen zu einem Einschreiben mit Rückschein an:

  • Persönliche Übergabe: Die Übergabe sollte idealerweise in Anwesenheit eines Zeugen erfolgen, der die Übergabe bezeugen kann und diese optimalerweise in einer Bescheinigung dokumentiert.
  • Botenverfahren: Der Bote stellt zu und kann als Zeuge für den Einwurf in den Briefkasten oder die persönliche Übergabe benannt werden. Ergänzend sollte er eine Zustellbescheinigung ausstellen – dies kann er selbst formulieren und sollte Daten und Uhrzeit der Zustellung enthalten und ggf. Vermerke über Besonderheiten bei der Zustellung.
  • Zustellung durch Gerichtsvollzieher: Diese Methode gilt als besonders gerichtsfest und vermeidet Streitigkeiten über den Zugang. Jedoch hat sie den NAchteil, dass sie mitunter lange dauern kann und ein fristgerechter Zugang nicht sichergestellt ist.

Fazit: Präzision bei der Zustellung ist entscheidend

Das Urteil des BAG zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, bei der Zustellung von Kündigungen auf rechtssichere Methoden zu setzen. Der alleinige Verlass auf ein Einwurf-Einschreiben samt Sendestatus birgt erhebliche Risiken und kann dazu führen, dass eine Kündigung unwirksam bleibt. Arbeitgeber sollten daher stets darauf achten, ihre Beweislast durch geeignete Maßnahmen abzusichern. In jedem Fall muss der Zugang der Kündigungserklärung rechtssicher nachvollzogen werden können und es ist – wenn man auf das Einschreiben nicht verzichten möchte und man sich allen damit einhergehenden Gefahren bewusst bleibt – zudem immer ergänzend neben einem Auszug aus der Senungsverfolgung zusätzlich ein sog. Reproduktion des Auslieferungsbelegs bei der Post anzufordern. Die Deutsche Post AG speichert derzeit Kopien davon 15 Monate nach der Auslieferung. Sie kann dort online beantragt werden.

Weitere Informationen zu arbeitsrechtlichen Themen finden Sie auf unserer Unterseite zum Arbeitsrecht. Wenn Sie Fragen zur Gestaltung oder Zustellung von Kündigungen haben, stehen Ihnen die Rechtsanwälte und Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach  gerne beratend zur Seite! Kontaktieren Sie uns!

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