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URTEILE, RECHTSTIPPS UND AKTUELLES AUS UNSERER KANZLEI

Sie interessieren sich für aktuelle Urteile der Rechtsprechung? Oder sind auf der Suche nach Rechtstipps zu einem der Rechtsgebiete, die unsere Kanzlei vertritt? In der folgenden Liste haben wir aktuelle Urteile und Rechtstipps für Sie zusammengestellt. Anhand der Vorsortierung können Sie gezielt juristische Urteile und Tipps zu jenen Bereichen aufrufen, die für Sie interessant sind.

VGH Mannheim urteilt: Rückforderung der Corona-Soforthilfe wegen Zweckverfehlung ist rechtswidrig

Haben Sie als Unternehmer einen Rückforderungsbescheid für die Corona-Soforthilfe erhalten, obwohl Sie die Mittel zur Existenzsicherung dringend benötigt haben? Viele Unternehmen sehen sich aktuell mit dem Vorwurf konfrontiert, die erhaltenen Gelder nicht zweckentsprechend verwendet zu haben, basierend auf nachträglichen, komplexen Liquiditätsberechnungen.

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat in einer wegweisenden Entscheidung (Urteil vom 08.10.2025 – 14 S 1873/24) nun Klarheit geschaffen und die Rechte von Zuwendungsempfängern massiv gestärkt. Tobias Ibach, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Ihr Experte für Wirtschaftsrecht, analysiert das Urteil und dessen strategische Bedeutung für Unternehmen in der Region Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim.

Der Fall: Rückforderung aufgrund nachträglicher Liquiditätsberechnung

Im vorliegenden Fall hatte eine Hotel- und Restaurantbetreiberin im Frühjahr 2020 Corona-Soforthilfe in Höhe von 15.000 Euro erhalten. Im Bewilligungsbescheid wurden Begriffe wie „existenzbedrohliche Wirtschaftslage“, „Liquiditätsengpass“ und „Umsatzeinbrüche“ nebeneinander verwendet.

Jahre später, im Jahr 2022, widerrief die L-Bank (als Bewilligungsstelle) den Bescheid und forderte die volle Summe zurück. Die Begründung: Ein nachträgliches „Rückmeldeverfahren“ habe ergeben, dass rechnerisch kein Liquiditätsengpass im strengen Sinne (Ausgaben minus Einnahmen) vorgelegen habe. Die Behörde stützte sich dabei auf § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 LVwVfG (Widerruf wegen Zweckverfehlung).

Die rechtliche Kernfrage: Was war der „bestimmte Zweck“?

Die entscheidende wirtschaftsrechtliche Frage, die der VGH zu klären hatte, lautete: War der Zweck der Förderung im ursprünglichen Bewilligungsbescheid so eindeutig definiert, dass die Behörde ihn später auf eine reine, saldierende Liquiditätsrechnung (Einnahmen gegen Ausgaben über drei Monate) verengen durfte?

Für Unternehmer ist dies von zentraler Bedeutung, da die Rückforderungspraxis der L-Bank fast ausschließlich auf dieser engen Definition basierte.

Die Entscheidung: Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde

Der VGH Mannheim entschied zugunsten der Klägerin und erklärte den Widerrufs- und Erstattungsbescheid für rechtswidrig. Die Begründung des Senats ist eine scharfe Rüge der behördlichen Praxis und enthält wichtige Leitsätze für die Unternehmensförderung:

  1. Unbestimmter Förderzweck: Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid war in seiner Zweckbestimmung diffus. Er nannte „Liquiditätsengpässe“ und „Umsatzeinbrüche“ gleichberechtigt nebeneinander. Für einen objektiven Unternehmer (Empfängerhorizont) war nicht erkennbar, dass nur ein rechnerischer Liquiditätsengpass nach einer spezifischen Saldo-Methode förderfähig sein sollte.
  2. Keine rückwirkende Zweckverengung: Die Behörde darf den Zweck einer Subvention nicht nachträglich durch interne Verwaltungsvorschriften oder FAQs präzisieren, wenn dies im Bescheid selbst nicht angelegt war.
  3. Vertrauensschutz für Unternehmer: Wenn der Staat in einer Krisensituation unbürokratische Hilfe verspricht und dabei unpräzise Begriffe verwendet, darf er diese Unschärfe später nicht zum Nachteil des Unternehmers auslegen. Eine „Zweckverfehlung“ liegt nicht vor, wenn der Unternehmer die Mittel zur Existenzsicherung genutzt hat, auch wenn die nachträgliche Bank-Formel etwas anderes sagt.

Der VGH stellte klar: Ein Widerruf setzt voraus, dass die Mittel nicht für den im Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wurden. Ist dieser Zweck unklar formuliert, scheidet ein Widerruf aus.

Fazit & Strategische Relevanz für Unternehmer

Dieses Urteil ist ein Meilenstein für die Rechtssicherheit von Unternehmen, die staatliche Förderungen erhalten haben. Die zentrale Erkenntnis lautet: Rückforderungsbescheide, die sich allein auf eine formale Liquiditätsberechnung stützen, stehen auf rechtlich wackeligen Beinen, wenn der ursprüngliche Bewilligungsbescheid missverständlich formuliert war.

Für die Geschäftsführung bedeutet dies: Akzeptieren Sie pauschale Rückforderungen nicht ungeprüft. Die Beweislast für die Zweckverfehlung liegt bei der Behörde, und die Hürden dafür liegen – wie das Urteil zeigt – sehr hoch. Dies betrifft nicht nur die Corona-Hilfen, sondern setzt Maßstäbe für die Bestimmtheit von Subventionsbescheiden im Allgemeinen.

Ihr Partner im Wirtschafts- und Verwaltungsrecht

Haben Sie einen Widerrufs- oder Erstattungsbescheid erhalten oder sind Sie unsicher bezüglich der rechtlichen Abwicklung von Fördergeldern? Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht mit dem Fokus auf unternehmerische Belange stehe ich Ihnen zur Seite.

Das Team von Gräber Onasch Ibach berät Sie an unseren Standorten in Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden. Wir prüfen Ihre Bescheide und wehren unberechtigte Forderungen der öffentlichen Hand ab. Kontaktieren Sie uns für ein erstes Orientierungsgespräch telefonisch oder per E-Mail unter ibach@goi-anwaelte.de.

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