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URTEILE, RECHTSTIPPS UND AKTUELLES AUS UNSERER KANZLEI

Sie interessieren sich für aktuelle Urteile der Rechtsprechung? Oder sind auf der Suche nach Rechtstipps zu einem der Rechtsgebiete, die unsere Kanzlei vertritt? In der folgenden Liste haben wir aktuelle Urteile und Rechtstipps für Sie zusammengestellt. Anhand der Vorsortierung können Sie gezielt juristische Urteile und Tipps zu jenen Bereichen aufrufen, die für Sie interessant sind.

Nachbarwiderspruch gegen Baugenehmigung: Wann haben Einwände Erfolg?

Baut der Nachbar zu groß, zu hoch oder nimmt er Ihnen die Sonne? Viele Eigentümer fragen sich, ob sie ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück verhindern können.

In einer dicht besiedelten Region wie dem Raum Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden ist Streit an der Grundstücksgrenze keine Seltenheit. Doch nicht jeder Baufehler führt dazu, dass Nachbarn das Projekt stoppen können. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat in einer aktuellen Entscheidung (Beschluss vom 05.08.2025 – 5 K 730/25) die Grenzen des Nachbarschutzes deutlich aufgezeigt.

Unser Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Tobias Ibach, erläutert die Entscheidung und was sie für Betroffene im Raum Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim bedeutet.

Der Fall: Streit um Zufahrt, Größe und Schatten

In dem vorliegenden Fall wehrten sich Nachbarn gegen eine Baugenehmigung für ein neues Wohnhaus. Das Genehmigungsverfahren wurde als sogenanntes „vereinfachtes Verfahren“ durchgeführt. Die Nachbarn sahen sich durch das Projekt massiv gestört und brachten im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht mehrere Punkte vor:

  1. Mangelnde Erschließung: Die Zufahrt zum Baugrundstück führe über einen Privatweg, der den Nachbarn teilweise mitgehört. Es gäbe kein eingetragenes Wegerecht (Baulast).
  2. Größe des Hauses: Das Gebäude sei überdimensioniert („erdrückend“) und verstoße gegen Baugrenzen im Bebauungsplan.
  3. Lichtverlust: Durch die Höhe des Neubaus würde das eigene Grundstück verschattet und die Leistung der eigenen Solaranlage beeinträchtigt.

Die Nachbarn beantragten, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs anzuordnen, um den Baubeginn zu verhindern.

Die Entscheidung: Warum das Gericht den Baustopp ablehnte

Das Verwaltungsgericht Freiburg lehnte den Antrag der Nachbarn ab. Die Baugenehmigung bleibt vollziehbar, der Bauherr darf bauen. Die Begründung des Gerichts ist lehrreich für alle, die über einen Widerspruch nachdenken:

1. Nicht jeder Rechtsverstoß hilft dem Nachbarn

Das wichtigste Prinzip im öffentlichen Baurecht lautet: Ein Nachbar kann eine Baugenehmigung nur dann erfolgreich anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die drittschützend sind. Das heißt, die Vorschrift muss nicht nur dem Allgemeinwohl dienen, sondern gezielt dem Schutz des Nachbarn.

2. Die Zufahrt ist (meist) kein Nachbarproblem

Das Gericht stellte klar: Ob ein Grundstück öffentlich-rechtlich erschlossen ist (also ob die Feuerwehr hinkommt etc.), dient nur dem öffentlichen Interesse, nicht dem Nachbarn. Zivilrechtliche Streitigkeiten über die Nutzung eines gemeinsamen Privatweges müssen vor den Zivilgerichten geklärt werden, nicht im Baugenehmigungsverfahren. Solange keine „Notwegesituation“ entsteht, ist die Baugenehmigung hier nicht angreifbar.

3. Größe und Baugrenzen

Auch Festsetzungen in einem Bebauungsplan (wie Baugrenzen oder die Geschossflächenzahl) dienen oft nur der städtebaulichen Ordnung („Wie soll das Viertel aussehen?“), aber nicht dem direkten Nachbarn. Wenn der Bebauungsplan nichts anderes sagt, können Sie sich als Nachbar nicht darauf berufen, dass das Haus „zu viel Fläche“ verbraucht, solange die Abstandsflächen eingehalten werden.

4. Schattenwurf und Solaranlagen

Ein besonders praxisrelevanter Punkt: Das Gericht entschied, dass eine Verschattung des Nachbargrundstücks grundsätzlich hingenommen werden muss, wenn die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten sind. Auch Einbußen bei der eigenen Photovoltaik-Anlage führen nicht automatisch zur Rücksichtslosigkeit des Vorhabens. In Wohngebieten ist eine gewisse gegenseitige Beeinträchtigung durch Bebauung „schicksalhaft“.

Fazit: Was Sie wissen müssen

Der Beschluss des VG Freiburg (Az. 5 K 730/25) verdeutlicht, dass die Hürden für einen erfolgreichen Nachbarwiderspruch hoch sind.

  • Subjektive Rechtsverletzung: Es reicht nicht, Fehler in der Baugenehmigung zu finden. Der Fehler muss Ihre Rechte verletzen (z.B. Abstandsflächen, Gebot der Rücksichtnahme).
  • Zivilrecht vs. Öffentliches Recht: Streitigkeiten über Wegerechte oder Grenzmauern sind oft zivilrechtlich zu klären und stoppen die behördliche Baugenehmigung nicht.
  • Vereinfachtes Verfahren: In Baden-Württemberg werden viele Wohngebäude im vereinfachten Verfahren genehmigt. Hier prüft die Behörde vieles (z.B. Statik) gar nicht – entsprechend schwerer ist es, dagegen vorzugehen.

Ihr Anwalt für Baurecht und Verwaltungsrecht

Haben Sie eine Baugenehmigung erhalten, gegen die ein Nachbar vorgeht? Oder wurde Ihnen ein Bauvorhaben vor die Nase gesetzt, das Sie erdrückt und Ihnen das Licht nimmt?

Die Prüfung, ob eine Vorschrift „drittschützend“ ist, erfordert juristische Expertise und Erfahrung im Umgang mit Bebauungsplänen und der Landesbauordnung. Die Fachanwälte der Kanzlei Gräber Onasch Ibach unterstützen Sie gerne an unseren Standorten in Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden.

Kontaktieren Sie uns für eine Erstberatung telefonisch oder jederzeit per E-Mail unter ibach@goi-anwaelte.de.

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