
Wann haftet ein Geschäftsführer persönlich für die Schulden des Unternehmens, insbesondere wenn es mehrere Geschäftsführer mit unterschiedlichen Zuständigkeiten gibt? Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Stuttgart gibt hierzu wichtige Antworten zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers. Die Entscheidung unterstreicht die enorme Bedeutung einer klaren Aufgabenverteilung. Tobias Ibach, Ihr spezialisierter Anwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, analysiert das Urteil. Zudem werden die strategischen Konsequenzen für Unternehmen in der Region Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim untersucht.
Ausgangslage: Streit zwischen Geschäftsführern nach Insolvenz
Der Fall betraf zwei Geschäftsführer einer GmbH im Montageservice. Nach dem Verkauf von Geschäftsanteilen vom einen Geschäftsführer an den anderen stellte dieser die Ratenzahlungen für den Kaufpreis ein. Der Grund: Nach der Insolvenz der Gesellschaft wurde er von mehreren Krankenkassen persönlich für nicht abgeführte Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung in erheblichem Umfang in Haftung genommen. Er argumentierte, dass der andere Geschäftsführer intern für diesen Schaden allein verantwortlich sei.
Rechtliche Streitfrage: Interne Haftungsverteilung bei klarer Ressortverteilung
Die zentrale wirtschaftsrechtliche Frage für das Gericht war: Wie wird die Haftung für nicht gezahlte Sozialabgaben intern zwischen zwei Geschäftsführern aufgeteilt? Gilt der Grundsatz der Teilung nach Köpfen (jeder 50 %)? Oder muss derjenige Geschäftsführer den Schaden allein tragen, in dessen klar definierten Verantwortungsbereich die Pflichtverletzung fiel?
Die Entscheidung: Alleinhaftung für den Finanz-Chef
Das Landgericht Stuttgart entschied zugunsten des kaufpreisschuldenden Geschäftsführers. Der andere muss im Innenverhältnis den Schaden vollständig allein tragen. Obwohl beide Geschäftsführer gegenüber den Krankenkassen als Gesamtschuldner haften könnten, hat der eine einen Anspruch auf vollständige Freistellung durch den anderen.
Die Begründung des Gerichts ist für die unternehmerische Praxis von hoher Relevanz:
Klare Ressortverteilung ist entscheidend: Das Gericht stellte fest, dass eine eindeutige und auch gelebte Aufgabenverteilung zwischen den Geschäftsführern bestand. Der Geschäftsführervertrag wies dem einen ausschließlich den Bereich „Montage“ zu. Der andere war faktisch und nachweislich für den gesamten kaufmännischen Bereich, insbesondere die Finanzen, allein zuständig. Er allein hatte Zugriff auf die Konten und entschied über Zahlungen.
Handlungsverantwortung wiegt schwerer als Überwachungspflicht: Das Gericht urteilte, dass der unmittelbar verantwortliche Geschäftsführer – hier der für Finanzen zuständige – den Schaden grundsätzlich allein zu tragen hat. Dem anderen Geschäftsführer fällt lediglich eine Verletzung seiner allgemeinen Überwachungspflicht zur Last. Dies führt im internen Ausgleich jedoch nicht zu einer Haftungsquote.
Keine Mithaftung ohne Kenntnis: Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wäre nur denkbar gewesen, wenn der nicht zuständige Geschäftsführer von den unternehmensgefährdenden Problemen gewusst hätte. Das Gericht war jedoch überzeugt, dass die finanzielle Schieflage bewusst verschleiert worden war. Der andere Geschäftsführer hatte keine Kenntnis von der Dimension und Brisanz der Situation.
Fazit & Strategische Relevanz
Die zentrale strategische Erkenntnis aus diesem Urteil ist: Eine schriftlich fixierte und in der Praxis konsequent gelebte Ressortverteilung ist ein essenzielles Instrument zur Minimierung persönlicher Haftungsrisiken für Geschäftsführer. Das Urteil stärkt die Position von Geschäftsführern, die sich auf ihren klar definierten Aufgabenbereich konzentrieren. Sie wollen nicht für Fehler in anderen Ressorts, insbesondere den Finanzen, intern mithaften. Für die Vertragsgestaltung bedeutet dies, dass Geschäftsführerverträge und Geschäftsordnungen die Zuständigkeiten so präzise wie möglich abgrenzen sollten.
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