
Wie sicher sind Ihre Rechte als Gesellschafter, wenn Beschlüsse gegen Ihren Willen gefasst werden? Gesellschafterstreitigkeiten gehören zu den größten Risiken für die Handlungsfähigkeit eines Unternehmens. Doch selbst wenn Sie materiell im Recht sind, können prozesstaktische Fehler – insbesondere der Versuch, Gerichtskosten initial niedrig zu halten – zum vollständigen Rechtsverlust führen.
Tobias Ibach, Ihr erfahrener Anwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, analysiert ein aktuelles, warnendes Urteil des Landgerichts Darmstadt und erläutert die strategischen Konsequenzen für Unternehmen und Gesellschafter in der Region Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim.
Der Fall: Ein Gesellschafterstreit mit fataler Verzögerung
Dem Urteil des Landgerichts Darmstadt (Urteil vom 05.05.2025 – 18 O 5/24) lag ein klassischer Konflikt in einer GmbH zugrunde: Zwei Brüder, der eine Mehrheitsgesellschafter (50,5 %), der andere Minderheitsgesellschafter (49,5 %), stritten um die Führung des Unternehmens. In einer turbulenten Gesellschafterversammlung wurden weitreichende Beschlüsse gefasst, unter anderem die Abberufung und der Ausschluss des Minderheitsgesellschafters.
Der unterlegene Gesellschafter wollte diese Beschlüsse gerichtlich anfechten. Der Gesellschaftsvertrag sah hierfür eine strikte Frist von einem Monat vor. Der Kläger reichte die Klage zwar fristgerecht bei Gericht ein, gab jedoch den Streitwert der Klage in der Klageschrift bewusst extrem niedrig mit 25.000 Euro an – obwohl der tatsächliche wirtschaftliche Wert bei über 7 Millionen Euro lag.
Dies führte dazu, dass das Gericht zunächst einen viel zu geringen Gerichtskostenvorschuss anforderte. Bis der korrekte, deutlich höhere Vorschuss festgesetzt und eingezahlt war, vergingen Monate. Die Klage wurde der Gegenseite erst weit nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist zugestellt.
Die rechtliche Entscheidung: Keine Rückwirkung bei bewusster Untertreibung
Das LG Darmstadt wies die Klage als unbegründet ab, da die Anfechtungsfrist versäumt wurde. Die zentrale Frage war: Gilt die Klage als rechtzeitig erhoben, obwohl sie der Gegenseite erst Monate zu spät zugestellt wurde?
Grundsätzlich wirkt die Zustellung einer Klage auf den Zeitpunkt der Einreichung zurück (§ 167 ZPO), wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Das Gericht urteilte jedoch, dass sich der Kläger hierauf nicht berufen kann.
Die entscheidenden Gründe für Unternehmer:
- Risiko Streitwertmanipulation: Wer den Streitwert bewusst zu niedrig angibt, um zunächst Gerichtskosten zu sparen oder die Liquidität zu schonen, handelt auf eigenes Risiko.
- Verantwortung für Verzögerungen: Das Gericht stellte klar: Wenn der Kläger durch falsche Angaben einen zu niedrigen Kostenvorschuss provoziert, hat er die daraus resultierende Verzögerung der Zustellung (hier über zwei Monate) selbst verschuldet. Eine solche Verzögerung ist nicht mehr „demnächst“.
- Keine Heilung durch Zahlung: Auch die Zahlung des ursprünglich (falsch) angeforderten niedrigen Vorschusses rettet die Frist nicht, wenn der Kläger wusste, dass der Betrag nicht ausreicht.
- Nebenaspekt Versammlungsleitung: Das Urteil bestätigte zudem, dass ein kompetenzwidriger Abbruch einer Gesellschafterversammlung durch den Versammlungsleiter nicht automatisch zur Nichtigkeit führt, aber auch, dass eine einseitige „Fortsetzung“ der Versammlung durch die Minderheit ohne Zustimmung aller Beteiligten rechtlich ins Leere läuft.
Fazit & Strategische Relevanz
Für Geschäftsführer und Gesellschafter sendet dieses Urteil ein klares Signal: Prozesstaktische Spielereien bei den Gerichtskosten können den Verlust der gesamten Rechtsposition bedeuten.
Die Einhaltung gesellschaftsvertraglicher Fristen (oft nur ein Monat) hat absolute Priorität. Bei Anfechtungsklagen muss von Anfang an ein realistischer Streitwert angesetzt und der volle Kostenvorschuss bereitgehalten werden, um eine unverzügliche Zustellung der Klage zu gewährleisten. Sparen an der falschen Stelle führt hier zum Verlust der Gesellschafterstellung.
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