Ihre Kanzlei in Karlsruhe | Pforzheim | Baden-Baden

URTEILE, RECHTSTIPPS UND AKTUELLES AUS UNSERER KANZLEI

Sie interessieren sich für aktuelle Urteile der Rechtsprechung? Oder sind auf der Suche nach Rechtstipps zu einem der Rechtsgebiete, die unsere Kanzlei vertritt? In der folgenden Liste haben wir aktuelle Urteile und Rechtstipps für Sie zusammengestellt. Anhand der Vorsortierung können Sie gezielt juristische Urteile und Tipps zu jenen Bereichen aufrufen, die für Sie interessant sind.

Gesellschafterstreit: Wann die Abberufung des Geschäftsführers im Eilverfahren scheitert

Wie schnell können Sie als Gesellschafter einen Geschäftsführer handlungsunfähig machen, wenn das Vertrauensverhältnis zerrüttet ist oder dieser sogar gegen Unternehmensinteressen handelt? Diese Frage stellt sich in vielen eskalierenden Gesellschafterstreitigkeiten, wenn eine Seite versucht, Fakten zu schaffen. Dass der Weg über das Gericht oft steiniger ist als vermutet, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 27.10.2025 – 7 U 1723/25 e).

Tobias Ibach, Ihr erfahrener Anwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, analysiert das Urteil und die strategischen Konsequenzen für Unternehmen in der Region Karlsruhe, Baden-Baden und Pforzheim.

Der Fall: Machtkampf in der Medizin-Holding

Im Zentrum des Verfahrens stand eine komplexe Unternehmensgruppe aus dem Bereich der medizinischen Diagnostik. Die Gesellschafter – organisiert über Holding-Strukturen – waren tief zerstritten. Es kam zum „Showdown“: In einer Gesellschafterversammlung wurde die Abberufung zweier Geschäftsführer aus wichtigem Grund beschlossen. Die Vorwürfe wogen schwer: Verstöße gegen Zustimmungsvorbehalte, Aushöhlung der Gesellschaft zugunsten anderer Firmen und Informationsblockaden.

Das Problem: Die Satzung der GmbH enthielt eine spezielle Regelung (§ 5 Nr. 16 S. 2), wonach Beschlüsse nicht wirksam werden, wenn ein Gesellschafter innerhalb von 24 Stunden widerspricht. Die betroffenen Gesellschafter legten diesen Widerspruch ein. Daraufhin versuchten die Antragsteller, den Geschäftsführern die Tätigkeit per einstweiliger Verfügung untersagen zu lassen, um sie sofort kaltzustellen.

Die rechtliche Hürde: Satzung und Verfügungsgrund

Das OLG München hatte zu entscheiden, ob den Geschäftsführern trotz des Widerspruchs und der schwebenden Wirksamkeit des Abberufungsbeschlusses die Geschäftsführung gerichtlich untersagt werden kann. Kernfrage war, ob die vorgetragenen „wichtigen Gründe“ (z.B. Kompetenzüberschreitungen) ausreichen, um eine sofortige Amtsenthebung im Eilverfahren zu rechtfertigen.

Entscheidung und wirtschaftliche Konsequenzen

Das Gericht wies die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Die Begründung enthält essenzielle Warnhinweise für jeden Unternehmer und Geschäftsführer:

1. Die Satzung bricht die sofortige Wirksamkeit

Das Gericht bestätigte, dass die Minderheitenschutzklausel in der Satzung greift. Der Widerspruch verhinderte die sofortige Wirksamkeit der Abberufung. Solange kein Hauptsacheurteil vorliegt, bleiben die Geschäftsführer im Amt.

Wirtschaftliche Konsequenz: Wer Standard-Satzungen unbedacht erweitert oder Minderheitenrechte zu stark formuliert, macht das Unternehmen in Krisenzeiten handlungsunfähig. Eine „Blockade-Klausel“ kann dazu führen, dass selbst bei Vorliegen wichtiger Gründe eine sofortige Trennung unmöglich wird.

2. Hohe Hürden für den „Verfügungsgrund“

Um eine einstweilige Verfügung dennoch durchzusetzen, muss ein Verfügungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) vorliegen. Das OLG stellte klar: Allein das Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ für die Kündigung (wie Zerrüttung oder Pflichtverletzungen) reicht nicht aus, um einem Geschäftsführer die Tätigkeit sofort zu verbieten, wenn der Abberufungsbeschluss noch nicht wirksam ist.

Es muss glaubhaft gemacht werden, dass:

  • gravierendste wirtschaftliche Nachteile drohen (z.B. Insolvenzreife, Existenzvernichtung) oder
  • schwere Straftaten gegen das Unternehmen begangen werden.

Allgemeine Behauptungen über Umsatzrückgänge, volatile Gewinne oder „Chaos in der Verwaltung“ genügten dem Gericht nicht. Auch die Tatsache, dass Geschäfte auf eine Schwestergesellschaft verlagert wurden, reichte ohne den Nachweis konkreter, existenzbedrohender Schäden nicht für ein sofortiges Tätigkeitsverbot.

Fazit & Strategische Relevanz

Das Urteil verdeutlicht, dass Gerichte im Eilverfahren extrem zurückhaltend in die Organstellung von Geschäftsführern eingreifen. Für Gesellschafter bedeutet dies: Prüfen Sie Ihre Satzungsklauseln. Übertriebener Minderheitenschutz kann im Streitfall zum Bumerang werden und notwendige Managementwechsel über Monate oder Jahre blockieren. Zudem erfordert ein erfolgreiches Eilverfahren im Gesellschaftsrecht eine präzise, zahlenbasierte Aufarbeitung drohender wirtschaftlicher Schäden – pauschale Vorwürfe sind wirkungslos.

Ihr Partner im Handels- und Gesellschaftsrecht

Stehen Sie vor einer ähnlichen unternehmerischen Herausforderung oder benötigen Sie strategische Rechtsberatung im Handels- und Gesellschaftsrecht? Eine rechtssichere Vertragsgestaltung und eine klare Strategie im Gesellschafterstreit sichern die Handlungsfähigkeit Ihres Unternehmens.

Das Team von Gräber Onasch Ibach berät Sie an unseren Standorten in Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden. Kontaktieren Sie uns für ein erstes Orientierungsgespräch telefonisch oder per E-Mail unter kontakt@goi-anwaelte.de.

Diesen Beitrag teilen

Ähnliche Beiträge